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Obock

 
 
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Null  Bock  =  Obock ?

Na, ganz so schlimm ist es zum Glück nicht, aber dass sich die Philatelisten gleich haufenweise um dieses entlegene Fleckchen Afrikanischer Erde kümmern würden, kann man nun auch wieder nicht sagen. Dabei ist doch auch hier Spannendes zu entdecken, denn:

Irgendwie denken die Franzosen ja gerne, dass sie eigentlich, gemessen an der Bedeutung ihres Landes, immer etwas zu kurz kommen. Das war vor allem in ihrem Verhältnis zu Großbritannien schon früher so, und damit also nicht über ganz Afrika der Union-Jack wehte, machten sie nach bewährtem Muster kurzerhand am 11. März 1862 auch mal einen Vertrag, mit einem echten Herrscher sogar, dem Sultan von Raheita, Gobaad und Tadjoura, so genannt nach dem gleichnamigen Golf, einer Art Wassernase, die sich in den deutlich bekannteren Golf von Aden öffnet. Finden und aufsammeln konnte man dort allerdings beim besten Willen nichts, und ob die windige Hafenstadt Obock den Preis von 52.000 Goldfranc wirklich wert war (zur Zeit angesichts des Goldpreises etwa 260.000 €, dafür kriegen Sie heute nicht mal ein Mietshaus in Kreuzberg), wurde durchaus bezweifelt. Alberne 400 qkm haben sie bekommen, zwischen Doumeira und Ras Ali gelegen, nur eine sandige Küste, das Wasser zwar warm aber voller Haifische, obendrauf arabische Piratenschiffe und dahinter - nichts. Die Gegend war derart reizlos, dass selbst so irrsinnig-geniale Leute wie der Dichter Arthur Rimbaud dort nicht Fuß fassen konnten, lesen Sie doch mal, nach dem Briefmarken sortieren versteht sich, „Das trunkene Schiff“ oder besser gleich seinen Roman „Aufenthalt in der Hölle“, Sie werden sich wundern.

Warum ich Ihnen das sage? Na, weil es doch einen Grund für diese Mühen geben muss! Aber Sie sollen sich ja nicht quälen, hier ist einer: Seit 1859 wurde am Suez-Kanal gebaut, und wenn der fertig ist, gibt es hinter dem Golf von Suez kein Hindernis mehr auf dem Weg zu allen Reichtümern Asiens und Ostafrikas.... Stop, eines doch noch, das Bab el Mandeb, da können Sie von Afrika nach Asien beinahe hinüberschauen, (auch -schießen!) und genau dort liegt - Obock! Ein sehr eigenartiger Zufall.

Das fand die Britische Regierung auch, zumal der Erbauer des Kanals ebenfalls Franzose war, fast alle Aktionäre des Unternehmens sowieso, und selbst die Eröffnungsoper für die ganze Sache nicht von einem Engländer stammte, sondern von Verdi. Dumme Sache das!

Karte von Obock und den angrenzenden Kolonien

Kartenausschnitt mit Obock
und den angrenzenden Kolonien

Zum Glück erwiesen sich die Franzosen jedoch als relativ unerfahren in finanziellen Dingen, und als die Kanalgesellschaft pleite ging, kauften die Briten still und leise so ungefähr alle Aktien zu einem Spottpreis auf. Das wie immer ahnungslose Volk wählte daraufhin wütend den verantwortlichen Schatzkanzler ab, aber da war der Coup schon geglückt: Der Kanal englisch, Ägypten englisch, der Sudan wurde gerade englisch, Äthiopien und Eritrea italienisch und zur Abwechslung lag daneben Britisch-Somaliland. Für Frankreich wurde es eng, aber wie das so ist, man wächst auch am Widerstand, und so kann es nicht verwundern, dass genau dieses überaus strategische Fleckchen Afrika noch immer fest zum Französischen Mutterland gehört. Selbst die letzte Bastion der Fremdenlegion befindet sich hier, was auch ein Hinweis auf Wertschätzung ist, und so wird es Zeit, die Briefmarken ins politische Spiel zu bringen.

Wo allerdings nichts ist, gibt es auch keine Post, und selbst nach der Verlegung der Verwaltung von Obock nach Djibouti im Jahre 1888 tat sich kaum genug für eine eigene Markenserie, man, das sind die bis dahin 800 Einwohner, benutzte die üblichen allgemeinen Ausgaben für die Französischen Kolonien. Erst 1892 scheint der Bedarf gewachsen zu sein, denn jetzt wurden die bisherigen Marken mit „OBOCK“ geradlinig oder bogenförmig überdruckt, wegen mangelnder Übung aber wohl in viel zu wenig Exemplaren und noch dazu in den falschen Wertstufen. Schon im gleichen Jahr jedenfalls wurden 11 verschiedene erneute Überdrucke in diversen Wertstufen an die Kundschaft abgegeben.

Briefmarke

Briefmarke

Briefmarke

Als sich auch diese Maßnahme als unzureichend erwies, es war immer noch kein Jahr vergangen, legte das Mutterland die für alle Kolonien übliche Markenserie mit der jeweiligen Landesbezeichnung in insgesamt 13 verschiedenen Wertstufen auf, nichts Besonderes also und vor allem für die Philatelisten kein Grund zur Aufregung, wenn man nicht die erneute Anschaffung eines kompletten Satzes als Zumutung empfinden wollte. Immerhin nahmen diese ewig gleichen Serien schon ganz gehörigen Platz in den gerade neu entwickelten Sammelalben ein, denn Frankreich tat sich nicht nur in Ostafrika um...

Dann aber muss irgend etwas Geheimnisvolles vor sich gegangen sein, denn plötzlich kamen neue Marken in nie gesehener Größe und vor allem seit den Kap-Ausgaben nicht mehr genutzten Formen heraus! Ungewöhnlich groß und zum Teil dreieckig waren sie, nicht gezähnt, nur mit einer fast albernen aufgedruckten Zähnung versehen und, ebenfalls ungewohnt, mit zunehmendem Wert immer größer werdend. Darf man von Revolution sprechen? Eigentlich ja, denn sowas gab es bis dahin noch nie, und schon gar nicht aus einer Gegend, die noch immer keine 10.000 des Schreibens kundigen europäischen Einwohner hatte. Es war die Geburtsstunde eines neuen philatelistischen Begriffs: „Wachsende Briefmarken“ (sehen Sie bitte in Ihr philatelistisches Lexikon), und das hier in Afrika.

Briefmarke

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eine Art Briefmarke

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Die Tatsache, dass auf den Francs-Werten Kamele dargestellt sind, ließ kurzzeitig das Gerücht durch die Sammlerschaft geistern, es gäbe dort unten jetzt eine „Kamel-Post“, was natürlich Unsinn war. In das wüste Hinterland wurde gar keine Post befördert, sondern die hochwertigen Dreiecke dienten dem Versand von dickeren Papierbündeln wie Wechseln, Banknoten oder sonstigen „Wertpapieren" aus der Kolonie.

Auch 16 verschiedene Ganzsachen entstanden noch für Obock, wurden aber recht wenig genutzt, denn sie kommen gebraucht nicht viel häufiger vor als die ebenfalls raren Dreiecksmarken. So ist das eben, wenn keine Touristen da sind.

Ganzsache

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Die hübschen Marken mit ihren einheimischen Motiven sind aber allesamt nicht gerade häufig, in ordentlicher gebrauchter Erhaltung zum Teil sogar selten. Die Ursache dafür liegt in der unsteten Entwicklung des ganzen Gebietes, denn schon 1892, also deutlich vor der Ausgabe der gezeigten ungewöhnlichen Werte, wurde mit der Ausgabe dreier Aushilfs-Überdruckmarken klar, dass die Tage Obocks gezählt sein würden. Ein fettes „DJ“ zeigte an, dass Djibouti sich daran machte, der ursprünglichen Hauptstadt den Rang abzulaufen, und das, obwohl ein Protektorat dieses Namens doch erst 1892 eingerichtet worden war. Die Neureichen drängeln sich eben immer vor.

Die letzten in den Postverkehr gekommenen Marken mit der Herkunftsbezeichnung Obock sind deshalb alle mit einem entsprechenden Überdruck der 1896 gegründeten „Französischen Somaliküste“ mit der neuen Hauptstadt Djibouti versehen worden. Sie kamen 1894 und dann noch einmal 1904 aus alten Restbeständen an die Schalter und gehören in diesem Bereich zu den seltensten Ausgaben.

Danach gab es kein Obock mehr, die Französische Somaliküste dagegen besteht bis heute und erfreut die Philatelisten mit einer großen Zahl bunter Marken zu vorwiegend einheimischen oder auch gewinnversprechenden Motiven, die aber nicht Gegenstand dieser Abhandlung sein sollen.

(Alle Abbildungen zum vorstehenden Text sind untereinander nicht maßstabsgleich!)

Briefmarke

 

Briefmarke

 

dreieckige Briefmarke

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Florian Brouwers

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aktualisiert am: 24.05.2018